György Ligeti

Zustände, Ereignisse, Wandlungen

Über »Apparitions«


»In meiner frühen Kindheit träumte ich einmal, dass es mir nicht gelinge, bis zu meinem Bettchen (das mit Gittern versehen war und als sicherer Zufluchtsort galt) vorzudringen; denn das ganze Zimmer war von einem dünnfaserigen, aber dichten und äußerst verwickelten Gewebe ausgefüllt, ähnlich dem Sekret von Seidenwürmern, die bei ihrem Einpuppen das ganze Innere der Schachtel, in der sie gezüchtet werden, bespinnen. Außer mir blieben auch andere Wesen und Gegenstände in dem riesigen Netzwerk hängen, Nachtfalter und Käfer aller Art, die den Lichtraum einiger spärlich leuchtender Kerzen erreichen wollten, große, feuchtschmutzige Kissen, deren Füllung durch Risse im Überzug herausquoll. […] Die Erinnerung an diesen weit zurückliegenden Traum hatte einen gewissen Einfluss auf die Musik, die ich Ende der fünfziger Jahre schrieb. Die Geschehnisse im durchgesponnenen Zimmer verwandelten sich in klangliche Fantasien, die das Ausgangsmaterial von Kompositionen bildeten.«

Format · Aufsatz

URN · urn:nbn:de:101:1-201505192743

Publikationsort · Melos 05 (1967), S. 165–169

Zitation · Ligeti, György: »Zustände, Ereignisse, Wandlungen«, in: Melos 05 (1967), S. 165–169 [Schott Campus, urn:nbn:de:101:1-201505192743].