»Polyphonie X« ist in einem ästhetischen Niemandsland zwischen der schriftlichen Lesbarkeit und der Möglichkeit des hörenden Mitvollzugs angesiedelt. In einer Partitur festgehalten, die nicht allgemein zugänglich ist, uraufgeführt, danach aber für Jahrzehnte nicht mehr gespielt, sind die für die ästhetische Erfahrung eines traditionellen musikalischen Kunstwerkes unverzichtbar erscheinenden Momente der Schriftlichkeit und Aufführung zwar beide gegeben, aber – zumindest im Augenblick – nicht in der notwendigen Fülle und Offenheit. Diese defizitäre Situation, wie sie die lebendige Erfahrung des Werkes behindert und präformiert, lässt etwas Allgemeines deutlich hervortreten: wie sehr nämlich Hören und Lesen eines Musikwerkes wechselseitig aufeinander bezogen sind. Gleich von welchem der beiden Pole sich man »Polyphonie X« auch nähert, immer scheint der jeweils andere als unaufhebbare Bedingung mit auf.
Format · Aufsatz
URN · urn:nbn:de:101:1-201709274421
Publikationsort · Schott Campus, Mainz 2017
Zitation · Volker Rülke: »Aporien des Hörens in Boulez’ »Polyphonie X« von 1951«, in: Symposiumsbericht »Wider den Fetisch der Partitur. Hörprobleme serieller und post-serieller Musik«, hrsg. von Susanne Kogler und Martin Zenck (=Beitragsarchiv des Internationalen Kongresses der Gesellschaft für Musikforschung, Mainz 2016 – »Wege der Musikwissenschaft«, hrsg. von Gabriele Buschmeier und Klaus Pietschmann [https://schott-campus.com/gfm-jahrestagung-2016]), Mainz 2017 [Schott Campus, urn:nbn:de:101:1-201709274421].
Das Beitragsarchiv fasst Referate und Posterpräsentationen des XVI. Internationalen Kongresses der Gesellschaft für Musikforschung 2016 in Mainz zusammen. Die Tagung stand unter dem Titel »Wege der Musikwissenschaft«.
→ Beitragsarchiv des Internationalen Kongresses der Gesellschaft für Musikforschung, Mainz 2016