Carl Dahlhaus

Arnold Schönberg: Drittes Streichquartett


»Die Maxime, dass Äußerungen eines Autors über sein Werk nicht die Grundlage einer Interpretation bilden, sondern zu deren Material gehören, ist ein Gemeinplatz der Hermeneutik, der in der Literaturkritik längst selbstverständlich ist, sich in der Theorie der musikalischen Analyse aber erst allmählich und mit einer Verzögerung, die mit der Neigung zur heroischen Biografie in der Musikgeschichtsschreibung zusammenhängt, durchzusetzen scheint. Der Komponist ist ein Exeget neben anderen, der nicht den geringsten Anspruch auf ein Auslegungsprivileg erheben kann. Die Erinnerung daran, wie ein Werk entstanden ist, begründet – auch dann, wenn man davon absieht, dass sie täuschend sein kann – keine sichere Einsicht in das, was es ist. In einer rudimentären Analyse der Dritten Streichquartetts opus 30, die Arnold Schönberg 1937, zehn Jahre nach der Entstehung des Werkes, für das Programm einer Schallplattenaufnahme schrieb, ist von der Sonatenform, die dem ersten Satz zugrundeliegt, mit keinem Wort die Rede«.

Format · Aufsatz

URN · urn:nbn:de:101:1-201505192839

Publikationsort · Melos 1 (1988), S. 32–53

Zitation · Dahlhaus, Carl: »Arnold Schönberg: Drittes Streichquartett«, in: Melos 1 (1988), S. 32–53 [Schott Campus, urn:nbn:de:101:1-201505192839].